Angepasster Brutraum mit Langstroth Flachzargen

Philosophie & Grundlagen


Der Angepasste Brutraum soll Bienen in ihrem Wärmehaushalt im Brutfeld unterstützen, indem jedem Volk individuell nur so viele Brutwaben angeboten wird, wie die Königin auch für ihr Brutgeschäft benötigt. Der für das Brutnest zur Verfügung gestellte Platz wird den jahreszeitlichen Bedürfnissen entsprechend erweitert oder eingeengt.
Das daraus resultierende Brutnest ist extrem kompakt und kann von den Bienen mit dem kleinstmöglichen Energieaufwand auf den für die Brutentwicklung nötigen 35ºC gehalten werden.

Friert die Brut, entwickeln sich «dumme Bienen».

An unseren Völkern mit zweizargigem Brutraum konnten wir selbst beobachten, dass sich der Brutraum zu einem «Flickenteppich» aus Brut, Pollen- und Futtereinlagerungen entwickelt hatte. Die Königin war so gezwungen, ihre Eier zwischen den Futter- und Polleninseln zu legen. Der Energieaufwand für den erforderlichen Wärmehaushalt ist vielfach höher. Arbeiterinnenbrut, die sich unterhalb optimaler Temperaturen entwickelt, hat erwiesenermassen als Arbeiterinnen Defizite in Sachen Lebensdauer und Orientierung. Der Imker spricht von «dummen Bienen».

Grösse des maximalen Brutraums berechnen

Der Brutraum wird über das Jahr der Volksentwicklung entsprechend dynamisch erweitert, bzw. eingeengt. Die Königin legt im Frühling weniger Eier als während des Peaks der Volksentwicklung im Mai/Juni. Diesem Umstand muss bei der Erweiterung Rechnung getragen werden.

Brutwabe mit kompaktem Brutnest (Ende Juni)

In einem ersten Schritt muss eine theoretische maximale Ausdehnung des Brutnestes ermittelt werden. Hierfür sind folgende Grössen von Relevanz:

  • Legeleistung der Königin
  • Entwicklungsdauer der Arbeiterinnenbrut
  • Verfügbare Brutfläche auf einer Wabe (Anzahl Zellen)
  • Verwendeter Zelldurchmesser

Hat man die Anzahl Zellen pro Wabe berechnet und ist sich der maximal benötigten Anzahl Wabenzellen im Brutraum bewusst, ergibt sich die Anzahl Rähmchen, auf die sich der Brutraum sollte erweitern lassen können.

Beispiel mit Langstroth ⅔ und 5.1 mm Zellen:

Anzahl Zellen pro Wabe: 4’400 Zellen / Wabe
Maximal benötigte Zellen im Brutraum: 42’000 Zellen

    \[ 9,545\ Waben = { { 42'000 } \over 4'400  }\ {{Zellen\ Wabe } \over Zellen }\]

Folglich werden theoretisch für einen Brutraum maximal rund 9.5 Waben benötigt. Somit passt der angepasste Brutraum in eine einzelne Langstroth ⅔ Zarge mit 10 Rähmchen.

Wichtig ist es zu verstehen, dass es sich bei den errechneten, theoretischen Angaben um Richtwerte handelt! Die maximale Legeleistung von 2’000 Stiften / Tag wird oft nicht erreicht.

Unsere Königinnen legen keine 2’000 Stifte / Tag!

Wir verwenden keine extrem hochgezüchteten Königinnen in Wirtschaftsvölkern. Die maximale Legeleistung unserer Wirtschaftsköniginnen lag 2020 bei 1’500 bis 1’700 Stiften / Tag. Somit beschränkt sich das Brutnest auf 7 bis 8 Waben.
Viele Kollegen bestätigen diese Zahlen, auch bei Buckfast Königinnen.

Dynamisches Erweitern und Einengen des Brutraums

Mitte/Ende Februar pflegen die Bienenvölker fluglochnah ein faustgrosses Brutnest, welches sich maximal über zwei bis drei Waben erstreckt. Dadant-Imker kontrollieren an einem milden Tag den Sitz der Wintertraube und setzen links und rechts davon ein Schied. Alternativ kann an einem sonnigen Tag bei ca. 12ºC und Flugbetrieb die Beute kurz! geöffnet werden, um die Futtermenge zu kontrollieren und das Brutnest zu lokalisieren. Wichtig: das Brutnest nicht auseinanderreissen und bebrütete Rähmchen auch nicht aus der Beute entfernen! Es besteht die Gefahr der Unterkühlung.
Danach wird der Brutraum zwischen den Schieden erst wieder um eine Wabe erweitert, wenn sich das Brutnest fast vollständig über den vorhandenen Platz ausgedehnt hat. Die nächste Erweiterung mit einer Wabe erfolgt wiederum erst, wenn das zuletzt gegebene Rähmchen zu mindestens 80% bebrütet wird.

Beginnt die Königin nach der Sommersonnenwende ihre Legeleistung wieder zu drosseln, werden nicht mehr bebrütete Waben aus dem Brutraum wieder entnommen. Mitte/Ende Oktober erstreckt sich das Brutnest dann wieder etwa über 2 bis 3 Waben.

Kompaktes Brutnest verhindert unnötigen Polleneintrag

Bedenkt man, dass Bienen sich in der Natur bevorzugt Baumhöhlen mit 30 bis maximal 70 Litern Volumen suchen, leben sie in unseren Beuten in riesigen «Grossraumstallungen». Eine Langstroth ⅔ Zarge hat ungefähr ein Volumen von 29 Litern. Im Sommer besteht die Beute während der Tracht aus 3 bis 5 Zargen. Da ist also endlos viel Platz vorhanden.

Im angepassten Brutraum wird jede frei werdende Zelle wieder bestiftet. Frischer Pollen wird nur kurz gelagert und gleich verfüttert.

Es ist wenig verwunderlich, dass sich die Bienen in den «Grossraumstallungen» auch etwas anders verhalten. Ist der Brutraum nicht beschränkt und ein üppiges Pollenangebot vorhanden, tendieren unsere Bienen zu einem übermässigen Polleneintrag in den Brutraum.
Klar ist Pollen die Eiweissquelle, mit der die Brut gefüttert wird. Durch üppig vorhandenen Platz im Brutraum wird aber viel mehr Pollen eingetragen, als zur Aufzucht der Brut benötigt. Die Bienen versiegeln die Zellen und lassen den Pollen zu Bienenbrot fermentieren und legen so einen riesigen Notvorrat an, den sie nie benötigen werden. Die Folge sind ganze Pollenbretter (Waben, die fast ausschliesslich Pollen enthalten) oder ein fragmentiertes und ausgedehnteres Brutnest, welches mit sehr viel mehr Energie benötigt.

Der erhöhte Energiebedarf auf durch Pollen fragmentierten Brutwaben wirkt sich auch im Frühling auf die Brutnestentwicklung negativ aus und lässt selbst die Wintertraube weniger kompakt werden, da sich die Bienen nicht bis in die einzelnen Zellen zurückziehen können.

Ein «virtuelles Brutnest» ist positiv zu bewerten

Es versteht sich von selbst, dass für die Eingrenzung des Brutraums das Arbeiten mit einem Königinnenabsperrgitter unabdingbar ist. Wie auf dem Titelbild zu sehen, wird das Absperrgitter auf die unterste Zarge aufgelegt.

Über dem Absperrgitter oberhalb des Brutwaben erstellen die Bienen oft ein «virtuelles Brutnest». Dabei bereiten die Bienen einen Halbkreis für die Brut vor. Honig wird bei solchen Waben nur am oberen Rand und seitlich eingelagert. Der Grund liegt darin, das die Bienen ihr Brutnest gerne rund mit einem Futterkranz abschiessen würden, die Königin aber die zweite Zarge nie erreichen wird.
Dieses vorbereitete Brutnest verschwindet mit hohem Trachtaufkommen, kann aber auch bestehen bleiben, wenn der Honigraum grosszügig vorhanden ist.

Laut Hern Rolf Schülbe (Siehe Video «Benutzung des Wärmeschiedes im angepassten Brutraum»), einem sächsischen Buckfast-Imker mit mehr als 50 Jahren Erfahrung, dient das virtuelle Brutnest noch einem weiteren Zweck: Da es im Brutraum unter dem Absperrgitter fast ausnahmslos nur noch bebrütete Zellen vorhanden sind, wird der Platz in der ersten Zarge über dem Absperrgitter als Umschlagplatz für den eintreffenden, frischen Nektar zwischen Sammel- und Stockbienen genutzt.

Das Auftreten des «virtuellen Brutnests» ist aber als positives Zeichen zu deuten, dass der angepasste Brutraum perfekt geführt wird!

Die Mär von der provozierten Schwarmstimmung

Ein oft gehörtes Argument gegen eine Führung im angepassten Brutraum ist, dass «doch alle Völker sofort zu schwärmen beginnen».
Diesem Märchen sind wir bei unserem ersten Versuch auch auf den Leim gegangen:

Das zeitliche Timing der Erweiterung des Brutraums im Frühjahr erfordert tatsächlich eine gute Beobachtungsgabe und etwas Fingerspitzengefühl. Ist das Brutgeschäft einmal in Gang gekommen und wird der Brutraum über eine zu lange Zeit nicht den Bedürfnissen des Bienenvolks entsprechend erweitert, kann es tatsächlich zu einer Schwarmstimmung kommen.

Insbesondere betrifft das das Führen des «angepassten Brutraums» auf den Langstroth ⅔ Flachzargen. Wenn das überwinterte Volk Mitte/Ende Februar auf eine einzelne Zarge eingeengt wird, begünstigten der so verbesserte Wärmehaushalt eine starke Brutentwicklung und das Volk erstarkt sehr rasch. Dann ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt (Mitte/Ende März) zu finden, um das Absperrgitter aufzulegen und die erste Honigzarge aufzusetzen.

Das Aufsetzen des ersten Honigraums über dem Absperrgitter erfolgt viel früher, als dies die traditionelle Imkerei vorsieht, da es sich primär um eine Raumerweiterung für das angewachsene Bienenvolk handelt.
Die termingerechte Erweiterung mit dem Honigraum muss unter Umständen auch bei ungünstigen Wetterbedingungen durchgeführt werden. Also auch als kurzer Eingriff bei einer Kälteperiode im Schneegestöber.

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass korrekt geführte Völker im angepassten Brutraum eher weniger in Schwarmstimmung kommen.
Sollte man doch bei einzelnen Völkern gegen die Schwarmstimmung arbeiten müssen, haben gerade Flachzargen-Imker mit der Brutdistanzierung nach Demarée ein sehr wirkungsvolles Instrument in der Hand, welches die Volksstärke kaum beeinträchtigt.

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