Bienenschwarm und Muttervolk

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Die natürliche Form der Vermehrung

Schwarm fangen mit Kehrsatzer Feuerwehr
Schwarm fangen mit Hilfe der Kehrsatzer Feuerwehr

Der Schwarm ist die natürliche Form der Vermehrung der Bienen. Ein Teil des Volkes fliegt mit der alten Königin aus und sucht sich ein neues Zuhause. Der zurückgebliebene Teil, das Muttervolk, zieht sich eine neue Königin nach und bildet bald ein neues Volk. 

Erfahrene ImkerInnen können die Schwarmstimmung schon von aussen erkennen: Häufig “lungern” die Sammlerinnen eines zuvor aktiven Volkes einige Tage lang auf den Flugbrett herum, es wirkt fast so, als würden sie einen Plan aushecken. Oft hört die Königin wenige Tage vorher zu legen auf. Bei einer Durchsicht sind plötzlich keine (stehende) Stifte mehr zu finden. Stattdessen wird sie von den Stockbienen einem Fitnessprogramm unterzogen: Sie wird auf Diät gesetzt und im Stock herumgejagt, damit sie am Tag X flugbereit ist. Aber Obacht, dies betrifft nicht für alle Bienenarten: Gerade Buckfast-Bienen stehen im Ruf, bis zum letzten Tag weiterzumachen, wie wenn nichts wäre.

Schwarmkontrolle von April bis Juni

Suche die Weiselzellen! Es sind sicher 6 Stück auf dem Bild.
Suche die Weiselzellen! Es sind sicher 6 Stück auf dem Bild.

Je nach Witterungsverlauf des Frühling sind Schwarmkontrollen schon im Mitte/Ende April nötig, die sich bis Mitte Juni hinziehen. DIe ersten warmen Tage können schon auf den April fallen und den Bienen steht eine üppige Frühlingstracht unweit der Beute zur Verfügung. Fliegen dann auch schon die ersten Drohnen, sind die Völker «erwachsen» geworden. Bei manchem Volk erwacht dann der Vermehrungstrieb und es werden Schwarmzellen angezogen. Auch ein unsteter Frühling, wo sich warme und kalte Perioden abwechseln, kann den Schwarmtrieb fördern. Die klassische Schwarmzeit ist aber von Mai bis etwa Mitte Juni. Nach der Sommersonnenwende denken die Bienen schon wieder an den Winter.

In dieser Zeit sollten regelmässig alle 14 Tage eine Schwarmkontrolle an den Völkern durchgeführt werden. Während der Kontrolle wird jede einzelne Brutwabe gezogen, die Bienen zum grossen Teil abgeschlagen und die Wabe auf Weiselzellen kontrolliert. Die Waben müssen wirklich fast frei von Bienen sein, das Risiko sonst eine Weiselzelle zu übersehen ist einfach zu gross! Nur so kann man sicher sein, keine Zelle übersehen zu haben. Die von einem prominenten Imkerpärchen hoch gepriesene Kippkontrolle bei zweizargigem Brutraum ist keine sichere Kontrolle. Die Bienen werden sehr erfinderisch, werden ihnen die ersten Weiselzellen gebrochen, oder sie versuchen es mit der schieren Masse.

Werden die ersten Weiselzellen in einem Volk gefunden, dann sind zeitlich feinmaschigere Kontrollen und effektive Massnahmen zu treffen, die den Abgang eines Schwarmes verhindern.

Drohnenrahmen als Indikator der Schwarmstimmung

Verdeckelte Schwarmzelle (Weiselzelle)
Verdeckelte Schwarmzelle (Weiselzelle)

Auch am Drohnenrahmen lässt sich eine beginnende Schwarmstimmung erkennen: Dann wird der Baurahmen kaum, oder nur mit herzförmigen, oder girlandenartigen Wabenzipfel ausgebaut statt wie aus einem Guss.
Spielnäpfchen können ebenfalls ein Hinweis sein, ganz sicher jedoch gepflegte Weiselzellen. Sind solche vorhanden, dann ist die Stimmung klar da und nur noch beherzte, imkerliche Eingriffe verhindern den Abgang in letzter Minute.

Tip: Findet man in einem Volk Weiselzellen und bricht sie, kann gleichzeitig der Drohnenrahmen geschnitten werden. Bauen die Bienen die Drohnenwaben wieder normal aus, ist dies ein Indiz, dass die Schwarmstimmung gebrochen wurde.

Das Ausfliegen der alten Königin

Kurz vor dem Verdeckeln der Weiselzellen ist es dann soweit: Wie auf geheimes Kommando hin ziehen sich auf einmal alle Bienen in die Beute zurück, nur um einige Minuten später urplötzlich gemeinsam auszuschwärmen. Ein Bienenschwarm ist ein echtes Naturspektakel, es ist sehr eindrücklich zu sehen, wie tausende Bienen fast gleichzeitig in die Luft gehen und abfliegen! Angst braucht man dabei keine zu haben, Schwarmbienen sind äusserst friedlich, selbst aus nächster Nähe wird die Beobachterin kaum einen Stich riskieren.

Sowohl der Entscheid zum Schwärmen wie auch die Wahl des Zuhauses wird nach demokratischen Prinzipien getroffen: Direkt nach dem Ausfliegen lässt sich das Volk zunächst ganz in der Nähe der Beute nieder, meist in geringer Höhe. Anschliessend fliegen die erfahrensten Sammlerinnen aus und machen sich auf die Suche nach einem passenden neuen Plätzchen. Das wird nicht zufällig ausgewählt: Bienen bevorzugen relativ kleine Räume von etwa 30 bis 40 Litern. Sie können dies regelrecht vermessen! 
Überzeugt ein Ort, dann kehren die Spurbienen zurück und tanzen eine genaue Wegbeschreibung direkt auf der Bienentraube. Weitere Bienen gehen die neue Behausung inspizieren und die, die sich von den Vorzügen der neuen Behausung haben überzeugen lassen, tanzen die Wegbeschreibung mit, bis sich eine Mehrheit findet. Erst dann erhebt sich die ganze Traube auf einmal und fliegt gemeinsam zu dem bestimmten Platz.

Im Frühling schwärmende Bienen sind äusserst friedlich, man kann sie sogar streicheln ohne gestochen zu werden.
Der schwärmende Teil des Volkes “nimmt den Honig mit”: Die Bienen füllen ihren Honigmagen randvoll mit Futter. Sie haben so genug Reserven, um einigeTagen zu überleben und anschliessend sogar noch ihr neues Zuhause einzurichten, also Waben zu bauen. Für die einzelnen Bienen ist das Schwärmen ein regelrechter Jungbrunnen. Sie setzen setzen ihre biologische Uhr zurück und reaktivieren Fähigkeiten, die sie als Jungbienen hatten. Auch die Lebensdauer der einzelnen Biene verlängert sich.

Schwarm in Allmendingen in der Tanne.
Schwarm pflücken in der Tanne
mit interessiertem Publikum 🙂 War übrigens kein eigener. Der Geruch der umstehenden Beuten zieht sie an.

Durch das Schwärmen kann ein Bienenvolk theoretisch ewig leben. Das Muttervolk wird im Überfluss zurückgelassen. Weil die Sammlerinnen weg sind und viele junge Stockbienen zurückbleiben, hat es in der Regel Futter und Pollenvorräte.
Honig bringt ein abgeschwärmtes Volk aber meist erst wieder im nächsten Jahr. Der zurück gebliebene Teil des Volkes muss sich erst wieder aufbauen und muss betreut werden wie ein Jungvolk. Wenn mit dem Nachziehen der Königin alles klappt, dann wird dieses Volk im nächsten Jahr ein kräftiges Wirtschaftsvolk.

Königinnen, die in Schwarmzellen (Weiselzellen befinden sich seitlich und unten an den Waben) gezogen werden, sind kräftig und von guter Qualität. Als Larven wurden sie von den Bienen optimal gepflegt und versorgt. Nachschaffungsköniginnen (Weiselzellen in der Mitte der Wabe) werden aus der Not heraus gezogen, z.B. Tod der Königin durch imkerliche Eingriffe. Hierfür werden notfalls auch ältere Maden genutzt, die bereits als Arbeiterinnenbrut gefüttert worden sind, was zu einer schlechten Qualität führt. Schwarmköniginnen besitzen aber die grössere genetische Veranlagung zum Schwärmen.

Vorschwarm und Nachschwärme

Vorschwarm heisst der Bienenschwarm, mit dem die alte Königin auszieht. Da die alte Königin das Fliegen nur bedingt beherrscht, lassen sich Vorschwärme im Umkreis weniger Meter auf geringer Höhe nieder.

Der 3. Schwarm ist uns in Allmendingen zugeflogen.
Dieser Schwarm ist uns in Allmendingen zugeflogen.

Nachschwärme sind (kleinere) Schwärme, die mit frisch geschlüpften unbegatteten Königinnen ausziehen, falls mehrere Weiselzellen schlüpfen konnten. Die landläufige Theorie, dass die erste schlüpfende Königin ihre Rivalinnen tötet stimmt nur bedingt. Es ist möglich dass die Arbeiterinnen verhindern, dass die Königinnen aufeinander treffen. Dann können kurzfristig mehrere Königinnen in der Beute sein.
Nachschwärme fliegen meist viel weiter weg und lassen sich vorzugsweise auf hohen Bäumen nieder, wo sie kaum eingefangen werden können.
Das bereits abgeschwärmte Volk wird so viele Nachschwärme produzieren, bis nur noch eine junge Königin im Stock ist. Im Extremfall bleibt ein nicht mehr überlebensfähiges, «ausgeblutetes» Häufchen Bienen im Stock zurück.

Vorsicht bei Schwärmen im späteren Sommer und Herbst

Ein Schwarm im Mai ist wert ein Fuder Heu, ein Schwarm im Jun, ist wert ein fettes Huhn, so lernten wir im Grundkurs. Der Vers geht noch weiter, aber ich habe leider vergessen, was der Schwarm im Juli wert sein soll. Sehr viel kanns allerdings nicht sein, das wussten die alten Imker wohl. Denn wenn ein Volk im Mai und Juni schwärmt, ist dies eine erfreuliche Angelegenheit, aus diesem Schwarm wird im nächsten Jahr ein vitales Wirtschaftsvolk. Anders ist es im Hochsommer oder sogar Herbst: Wenn Bienen dann noch schwärmen, dann aus der Not heraus. Sie hungern oder sind zu stark von Milben oder Krankheiten belastet. Der Schwarm ist dann ein verzweifelter Versuch zu überleben. Diese Bienen sind auch deutlich aggressiver, einfangen also immer mit Schutz. Verständlich: Wer ist schon sanft, wenn der Hunger drückt? Diese Hungerschwärme sollten immer ein paar Tage in Kellerhaft und auf jeden Fall behandelt werden. Im Idealfall findet sich ein Platz ausserhalb des eigenen Standes.

Bienenscwarm aus Volk braun

Ist ein Bienenvolk geschwärmt und «klebt» mit etwas Glück am nächsten Strauch, sind folgende Themen von Interesse: